Warum ist der Pride Month wichtig?

DIE LINKE. Kreisverband Leer

Der Pride Month im Juni erinnert an den Aufstand queerer Menschen im Jahr 1969 im New Yorker Stonewall Inn – ein Wendepunkt in der Geschichte der LGBT-Bewegung. Was mit mutigem Widerstand gegen Polizeiwillkür begann, wurde zum Ausgangspunkt einer weltweiten Bewegung für gleiche Rechte und Respekt. Der Pride Month ist daher nicht einfach ein Fest, sondern Ausdruck von Sichtbarkeit, Solidarität und politischem Protest gegen Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt. Gerade heute ist er wichtiger denn je. 

Weltweite Lage von trans Personen 

Weltweit sind trans und nicht-binäre Menschen erheblichen Gefahren ausgesetzt. In vielen Ländern werden sie kriminalisiert, gesellschaftlich ausgegrenzt und Opfer von Gewalt. In mindestens 67 Staaten gelten queere Identitäten noch immer als Straftat. Insbesondere trans Menschen erleben zunehmend Gesetzesverschärfungen, etwa in den USA, Ungarn oder Großbritannien. Diese Gesetze schränken nicht nur medizinische Versorgung und Selbstbestimmung ein, sondern treiben auch eine Kultur der Angst voran. Die Zahl der weltweit ermordeten trans Personen ist alarmierend hoch – allein im vergangenen Jahr waren es über 350 dokumentierte Fälle. Dabei sind trans Frauen, insbesondere Schwarze trans Frauen und trans Frauen of Color, besonders häufig betroffen. Der globale Rechtsruck befeuert Hetze und Gewalt – trans Menschen werden instrumentalisiert, um reaktionäre Agenden durchzusetzen. 

Situation in Deutschland 

In Deutschland hat sich die rechtliche Lage durch das neue Selbstbestimmungsgesetz, das im November 2024 in Kraft trat, zwar verbessert. Damit entfällt das veraltete Transsexuellengesetz, das Betroffene zu entwürdigenden psychiatrischen Gutachten zwang, um ihren Personenstand ändern zu können. Doch auch das neue Gesetz enthält aus Sicht vieler Betroffenenverbände problematische Regelungen, etwa lange Wartefristen oder Einschränkungen bei Minderjährigen. 

Zudem bleibt die gesellschaftliche Realität herausfordernd. Eine große Mehrheit der trans Menschen in Deutschland berichtet von Diskriminierung im Alltag – in Schule, Beruf, Behörden und im Gesundheitswesen. Die Zahl der Straftaten mit queerfeindlichem Hintergrund hat sich in den letzten Jahren mehr als verdoppelt. Gewalt gegen trans Personen ist längst kein Randphänomen mehr, sondern Ausdruck eines strukturellen Problems. Gleichzeitig sind die medizinische und psychologische Versorgung lückenhaft. Viele Ärzt*innen sind nicht ausreichend geschult, Anträge auf geschlechtsangleichende Maßnahmen werden oft verzögert oder abgelehnt, und die Betroffenen müssen um ihre Grundrechte vor Gericht kämpfen. Das ist nicht hinnehmbar. 

Lage im Landkreis Leer

Im Landkreis Leer zeigt sich die Situation besonders deutlich. Es gibt keine spezialisierte Beratungsstelle für trans Menschen. Zwar leisten einzelne Gruppen wertvolle Arbeit, etwa das RegenbogenCafé Leer oder das neue Queere Netzwerk Ostfriesland. Doch ein spezifisches Angebot für trans Personen fehlt. Die nächste umfassende Anlaufstelle befindet sich in Oldenburg – ein weiter Weg für Menschen ohne Mobilität oder finanziellen Spielraum. 

Diese Lücke betrifft insbesondere junge trans Personen, die häufig ohne Ansprechpartnerinnen dastehen. Schulen, Ärztinnen, soziale Dienste – viele Institutionen in der Region sind nicht ausreichend informiert oder sensibilisiert. Es fehlen Fortbildungen, Infomaterial, geschützte Räume und konkrete Unterstützungsangebote. Diese strukturelle Unsichtbarkeit führt nicht selten zu Isolation, psychischen Belastungen oder einem erschwerten Coming-out. 

Warum der Pride Month wichtig bleibt 

Sichtbarkeit ist kein Selbstzweck – sie ist überlebenswichtig. Der Pride Month erinnert uns daran, dass queere Rechte keine Selbstverständlichkeit sind, sondern hart erkämpft wurden und weiterhin verteidigt werden müssen. Er ist ein Zeichen gegen das Schweigen, gegen die Verdrängung und gegen die alltägliche Diskriminierung von Menschen, die nicht der Mehrheitsnorm entsprechen. Der Pride Month macht deutlich: Wir sind viele. Wir sind stark. Und wir lassen uns nicht einschüchtern. 

In einer Zeit, in der transfeindliche Stimmen lauter werden – nicht nur im Netz, sondern auch in Parlamenten –, braucht es Solidarität und politischen Widerstand. Jeder Angriff auf trans Rechte ist ein Angriff auf die Freiheit aller. Deshalb ist der Pride Month auch ein Aufruf: an die Gesellschaft, sich klar zu positionieren. Und an die Politik, endlich zu handeln. 

Was DIE LINKE fordert 

DIE LINKE im Kreisverband Leer macht sich stark für die Rechte von trans Personen – auf Bundesebene wie vor Ort. Wir fordern flächendeckende, niedrigschwellige und gut finanzierte Beratungsangebote auch in ländlichen Regionen wie Leer. Dazu gehören auch Fortbildungen für Fachpersonal in Schulen, Kliniken, Jugendämtern und sozialen Einrichtungen. Zudem setzen wir uns für die vollständige Kostenübernahme medizinischer Leistungen zur Geschlechtsangleichung ein – ohne unnötige Bürokratie oder entwürdigende Prüfverfahren. 

In Zusammenarbeit mit lokalen Initiativen wollen wir mehr Sichtbarkeit schaffen: durch queere Veranstaltungen, Bildungskampagnen und eine bessere Vernetzung der Community in Ostfriesland. Der Landkreis und die Kommunen sind gefordert, trans Menschen aktiv zu unterstützen – mit konkreten Maßnahmen, nicht nur mit Symbolpolitik. 

Der Pride Month ist kein Feiertag, sondern eine Mahnung: Rechte müssen erkämpft und verteidigt werden – gerade dann, wenn sie in Frage gestellt werden. Für trans Menschen. Für queere Menschen. Für ein Leben in Würde, Sicherheit und Selbstbestimmung – auch in Leer. Jetzt und in Zukunft. 

Foto: photocase.de